Vor dem Wochenende geht es spannend weiter im 4. Kapitel von „Vakuum“

All dies dachte sie in der einen Sekunde, in der die Schreckstarre sie festhielt, ein Prasselregen an Gedanken, Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen, und dann durchbrach ein biologisches Überlebenssignal den Moment, und Alissa drehte sich um und stürzte davon.

Sie rannte vom Strand fort auf die Wiese, doch der Schwan mit Ninas Gesicht folgte ihr, und er war schnell. Verdammt schnell. Sie hörte ihn ganz nah hinter sich fauchen und mobilisierte ihre Kräfte. Weil sie nicht wusste, wie dicht er schon hinter ihr war, drehte sie sich um und verlor auf diese Weise wieder an Vorsprung. Sie fluchte. Aber sie machte dadurch auch die Entdeckung, dass er zwar auf freier Strecke schnell laufen konnte, mit Ästen und anderen Hindernissen im Weg jedoch Schwierigkeiten hatte. Und so machte sie endlich einen Bogen und rannte Richtung Wald.

Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft war sie froh über die vom Sturm umgerissenen Bäume und über das Gestrüpp, das den Pfad überdeckte Sie sprang über die Hürden, flüchtete tiefer und tiefer in den Bannwald hinein, bemerkte, dass die Vegetation sich immer dichter um sie schloss, dass es mit jedem Schritt dämmriger um sie her wurde, weil die Baumkronen den Himmel verdeckten, und merkte aber auch, dass der Abstand zwischen ihr und dem Killerschwan sich vergrößerte. Als sie schon fünfzig Meter in den Wald hineingelaufen war, drehte sie sich endlich um und sah zurück. Der Schwan stand am Waldrand vor einem umgestürzten Baum und sah ihr hinterher. Er hatte aufgegeben. Sie hatte Nina abgehängt. Vorerst.

Alissa atmete auf. Sie lief jetzt etwas langsamer. Versuchte, sich zu orientieren, lauschte. Nach einer Weile hörte sie das hicksende Lachen von Samira weit vor sich. Gut. Wenigstens hatte sie nicht aus Panik den falschen Weg eingeschlagen.

Sie betrachtete die Bäume ringsumher. Dachte: Ulmen. Sie wusste nicht, wie Ulmen aussahen, was sie unbedingt ändern würde, wenn sie zurück waren, aber der Name hatte einen so eigentümlichen, düsteren, uralten Klang, dass die Bäume links und rechts einfach Ulmen sein mussten.

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