Text aus der Schreibwerkstatt – Teil 4

Die Legende vom Ende der Jerchower Burg

von „Feuergriffel“-Schreiblehrling

Elf Wochen dauerte die Belagerung der Burg der Jerchower schon an. Die Mannen des Kurfürsten Ludowig hatten das schmale Plateau vor der Burg vollständig besetzt und die Burg damit von der Außenwelt abgeschnitten. Einst hatte Kurfürst Konrad Jaro von Jerchow, genannt Jaro der Große, die Burg auf dem Bergsporn und das umliegende Land zum Lehen gegeben. Jaro von Jerchow sollte mit seinen Getreuen das umliegende Land sichern, die Steuern eintreiben, den Zoll einnehmen und durchreisenden Händlern Schutz und Geleit darbieten. Dem Kurfürsten treu erfüllten Jaro von Jerchow und die Seinen diesen Dienst über Jahre gewissenhaft und redlich. Habsucht und Machthunger jedoch, diese ewigen, dunklen Schatten der Großen, schlichen lange um Jaro von Jerchows Burg und fanden endlich doch Einlass in Burg und Gesinnung. Am Anfang nahmen der große Jaro und die Seinen mehr Zoll als festgesetzt und erhöhten Steuern und Abgaben im zum Lehen gegebenen Land. Späterhin begannen sie die Händler anstatt zu schützen auszurauben und pressten weitere Abgaben und Frondienste aus dem Volk. Am Ende brandschatzten und raubten sie im eigenen Land und drangen auch weit in das Umland vor. Mit der Rückkehr von jedem Raubzug steigerten sich Reichtum und Rücksichtslosigkeit.

Es beschloss Kurfürst Ludowig, der auf Kurfürst Konrad selig folgte, diesem argen Treiben ein Ende zu setzten. Er sandte eine Streitmacht von 400 Mannen und setzte Jaro von Jerchow und die Seinen in der Burg fest. Zwischen den Mannen des Kurfürsten und den Getreuen des großen Jaro, lagen nur ein Wall, ein Graben und das Schussfeld. Das Schussfeld zu betreten wagten die Mannen des Kurfürsten Ludowig nicht. Gefürchtet war die Schießkunst von Jaros Getreuen. Flogen ihre Pfeile auch nicht so weit, nicht so weit wie die der Mannen des Kurfürsten, so fand doch ein jeder Pfeil sein Ziel und tat sein Werk.

Elf Wochen dauerte die Belagerung der Burg der Jerchower schon an. Die Mannen des Kurfürsten Ludowig hatten das schmale Plateau vor der Burg vollständig besetzt und die Burg damit von der Außenwelt abgeschnitten. Doch des Kurfürsten Mannen selbst befanden sich in einer misslichen Lage. Seit Tagen geöffnet waren des Himmels Schleusen und der dringend erwartete Nachschub für des Kurfüst Ludowigs Mannen blieb aus und die Mägen leer. Dazuhin spielten Jaro von Jerchow und seine Getreuen böses Spiel mit den Mannen des Kurfürsten. Täglich führten Jaros Getreue vor den Augen von Kurfürst Ludowigs Mannen Schafe und Ziegen über den Wehrgang. Beständig klangen Geräusche von Gelage und Schmähgesang aus der Burg zu des Kurfürst Ludowigs Mannen. Und jeden Tag stand der große Jaro höchstselbst über Stunden offen an der Brustwehr der Burg. Eingedenk dessen, dass kein Pfeil der Belagerer ihn treffen konnte, wuchsen sein Stolz und sein Hochmut mit jedem Tag.

Am Vorabend von Palmarum erschien der große Jaro wieder auf dem Wehrgang oberhalb des Burgtores. Und während der große Jaro dort stand, öffnete sich unter seinen Augen und vor den Augen der Mannen des Kurfürsten langsam das Burgtor. Das Fallgitter wurde hochgezogen und 4 von Jaros Getreuen rollten ein volles Weinfass aus der Burg. Im vorherbestimmten Abstand zur Burg stellten sie das Weinfass auf und gingen zurück in die Burg, das Tor weit offen lassend.

Da kam ein Wallen über die zermürbten Mannen des Kurfürsten und in blinder Wut begannen sie den Sturm auf die Burg.

In Reihen fielen des Kurfürst Ludowigs Mannen im Hagel der von Jaros Getreuen ausgesandten Pfeile. Der Regen aus des Himmels offenen Schleusen gab sein Übriges dazu. Dem grausamen Martyrium auf dem Schlachtfeld erlagen 388 von des Kurfürsten Mannen. Zwölf nur drangen durch das noch immer offene Tor bis in die Jerchower Burg vor. Daselbst aber waren der große Jaro und seine Getreuen verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Desgleichen der erwartete Schatz.

Noch heute geht die Mär, dass der große Jaro und seine Getreuen noch immer tief unter der Erde ihren Schatz bewachen und auf ihre Rückkehr warten. Und in manchen regendurchdrungenen Nächten sollen bis ins Tal von der längst zur Ruine zerfallenen Burg Geräusche von Gelage und Schmähgesang zu hören sein.

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